Vier verblüffende Tatsachen über das Lampenfieber
Über die wichtige aber lästige Nervosität vor einem Auftritt
Zu Beginn eine Andekdote: Das Kolosseum im Alten Rom ist voll besetzt. Ein Delinquent wird einem Löwen zum Fraß vorgeworfen. Die Menge johlt und jubelt, als der Löwe sich dem Mann nähert, ihn umwirft und sich zum Todesbiss über ihn beugt.Gerade als das Ende unausweichlich scheint, flüsterte der Todgeweihte etwas. Der Löwe lässt sofort von ihm ab und trottet mit eingezogenem Schwanz davon.
Der Kaiser ist beeindruckt und fragt den Mann, wie er dieses Wunder vollbracht habe. „Ganz einfach“, antwortet der, „ich habe ihm gesagt, dass nach dem Fressen eine Rede von ihm erwartet wird.“
1. Sie sind in guter Gesellschaft: Jeder Redner hat Lampenfieber
Neun von zehn Seminarteilnehmern nennen als größtes Hemmnis auf dem Weg zur freien Rede ihre Nervosität. Es sind Schüler und Studenten, Angestellte, Handwerksmeister, Wissenschaftler, Manager und Politiker – viele von ihnen schon erfahrene Redner. Das Erstaunliche: Jeder ist überzeugt, er sei der Einzige, dem beim bloßen Gedanken an eine öffentliche Rede der Schreck in die Glieder fährt.
Deshalb: Willkommen im Club!
2. Ein guter Redner braucht Lampenfieber.
Lampenfieber erscheint vielen als unerwünschte Schwäche, die man bekämpfen sollte. Falsch!
Richtig ist: Lampenfieber befähigt Sie zu Höchstleistungen. Lampenfieber macht Sie hellwach. Ähnlich wie bei Spitzensportlern und Künstlern erhöht die Nervosität Ihre geistige Präsenz und die körperliche Spannung. Die brauchen Sie, um Ihr Publikum anzustecken. Sie benötigen die auch, um Ihre eigenen Fähigkeiten auszuschöpfen und Grenzen zu überschreiten.
Verabschieden Sie sich von dem Ziel, lässig und ohne Lampenfieber auftreten zu wollen. Es geht nicht und es muss nicht sein.
3. Nur ein Bruchteil unserer Nervosität ist sichtbar.
Es ist eine immer wiederkehrende Erkenntnis und Überraschung im Rhetorikcoaching: Der Redner mag Herzrasen, feuchte Hände und zitternde Knie haben. Das Publikum nimmt nur eine leichte Nervosität wahr. Wenn Sie glauben, jeder müsse den Sturm in Ihnen sehen, seien Sie beruhigt. Nur Sie selbst wissen darum. Nach außen wirken Sie viel souveräner.
4. Mit jedem öffentlichen Auftritt wird die Angst weniger.
Hand aufs Herz: Wie viele Hochzeitsreden, Präsentationen und Vorträge haben Sie schon gehalten? Weil Sie diese Hinweise über die Nervosität lesen, vermute ich, dass Ihre Erfahrung als Redner noch nicht allzu groß ist. Nach zehn Auftritten geht es besser. Versprochen!
Denken Sie einmal daran, wie viele Fahrstunden Sie benötigt haben, um den Führerschein zu machen? Der Schnitt liegt bei 20. Und auch danach gab es noch brenzlige Situationen und Nervosität, z.B. vor der ersten Fahrt in eine fremde Stadt. Das ist lange her. Übung und Erfahrung haben uns zu sicheren Autofahrern gemacht. Genau so läuft es auch mit dem Reden halten.