Von Andreas Pallenberg
Der Artikel erschien im März 2011 in arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN.
Sprechängste
Woher sie kommen. Was dagegen hilft.
[…] Woher kommt die Angst, sich vor anderen Leuten verbal zu präsentieren? Für die Rhetorik-Trainerin Hilde Malcomess ist es die „Ratlosigkeit über unsere eigene Wirkung“, die so viel Unsicherheit hervorruft und Fragen aufwirft: „Wie kommt das an, was ich sage? Zittert meine Stimme? Werde ich rot? Wirke ich hektisch? Spreche ich laut und deutlich genug? Sehen die anderen, wie unsicher ich mich fühle? Drücke ich mich verständlich aus?“
Tatsache ist, dass von der selbst empfundenen Aufregung, von der Gesichtsröte, von der Hektik und dem vermeintlichen Gestammel bei den Zuhörern nur wenig ankommt. Somit ist es mehr die eigene innere Anspannung, die ungewohnte Situation und die Angst vor dem Versagen vor unbekannten Leuten (oder oft noch schwieriger: vor bekannten Leuten). Die Wirkung solcher Adrenalinschübe ist aber grundsätzlich positiv: Sie machen hellwach, hochkonzentriert und lassen die Redner motiviert und engagiert erscheinen. Es ist wie beim Lampenfieber, das die meisten darstellenden Künstler gar nicht missen wollen, da es zu besonderer Leistung anstachelt. Auch das Publikum kann Ängste schüren, ohne dass es das will. Manchem ängstlichen Redner kommen die Zuhörer vor wie eine Horde Wilder, die gleich über einen herfällt, wenn man sich nur kleinste Schwächen erlaubt. Solche Empfindungen sind laut Malcomess auf ein archetypisches Programm in unserem Hirn zurückzuführen, bei dem urzeitliche Überlebensinstinkte erwachen und die alles entscheidende Frage stellen: Fliehen oder kämpfen? Kein Wunder, dass sich mancher schon im Vorfeld für die Flucht entscheidet und solche Situationen meidet, wo es nur geht.
Dabei genügt ein gedanklicher Schwenk auf das eigene Verhalten als Zuhörer bei Vorträgen. Man sieht sich keineswegs als Mitglied einer wilden Horde, die mit den Hufen scharrt. Ganz im Gegenteil. Eigentlich ist man als Zuhörer positiv eingestellt und wünscht sich in der Regel den Erfolg und einen guten Vortrag. Somit kann sich der Redner eigentlich immer auf ein neugieriges, wohl gesonnenes, zumindest aber neutrales und offenes Publikum einstellen. Wenn jemand dagegen mit den Inhalten provoziert und das Publikum gegen sich aufbringt, hat das nichts mit der Qualität als Redner zu tun. […]
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