Beim Kurs “Flirten und Smalltalk” der Volkshochschule Bornheim/Alfter lernen Menschen, das Eis zu brechen
Von Barbara Moitz
Der Artikel erschien am 18.11.2008 im Bonner General Anzeiger.
Bornheim-Roisdorf. Das Wetter, der Job und die Kleidung sind typische Smalltalk-Themen, bei denen viele Menschen die Augen verdrehen. “Belanglos und oberflächlich” heißt oft die Begründung.
Die Meinung, dass Smalltalk aber eine wichtige Funktion erfüllt und keineswegs sinnlos ist, vertritt Hilde Malcomess, Trainerin für Rhetorik und Kommunikation aus Neunkirchen-Seelscheid. Wie man mit Fremden ins Gespräch kommt und welche Themen und Tabus es gibt, brachte die 44-Jährige fünf Teilnehmern im Kursus “Flirten und Smalltalk” an der Volkshochschule Bornheim/Alfter bei.
“Wenn man in Deutschland Aufzug fährt, herrscht grundsätzlich allgemeines Schweigen”, hat Astrid Lorson festgestellt. Da sie beruflich oft in den Niederlanden unterwegs ist, hat sie sich zum Kursus von Hilde Malcomess angemeldet. “In Holland sind die Menschen viel lockerer. Pfiffige und spaßige Komplimente gehören dazu und führen zu einem angenehmen Umgang. Deshalb bin ich hier”, sagt sie.
Zum Kennenlernen lässt Malcomess die vier weiblichen und den einzigen männlichen Teilnehmer Symbole für ihre Berufe und liebsten Freizeitaktivitäten auf runden Pappkarton malen, über die sie ins Gespräch kommen sollen. Perke Röser hat im Feld für den Job eine Babyflasche aufgemalt. “Durch den Beruf meines Mannes müssen wir oft umziehen und ständig neue Kontakte knüpfen. Wenn man mit zwei kleinen Kindern daheim ist, verlernt man das jedoch irgendwann”, sagt sie.
Auch der männliche Teilnehmer, der namentlich nicht genannt werden möchte, hat feste Vorstellungen: “Ich bin eher ein zurückhaltender Mensch, muss aber als Gas- und Wasserinstallateur ab und an mit fremden Leuten ins Gespräch kommen.” Tipps und Tricks dazu, wie man Schüchternheit ablegt, erhofft er sich von dem achtstündigen Workshop im VHS-Gebäude neben dem Rathaus.
Nach den ersten kurzen Unterhaltungen reflektieren die Teilnehmer ihre Smalltalks. Schnell wird klar, dass die Gespräche immer dann ins Stocken gerieten, wenn das Thema für den Zuhörer uninteressant war und sich keine Gemeinsamkeiten herausgebildet hatten. “Es ist wichtig, irgendeine Gemeinsamkeit mit dem Gegenüber zu finden”, sagt Malcomess. “Eine Konversation läuft dann gut, wenn gefragt und interessiert zugehört wird. Durch Nachfragen können sich Gleichklänge auftun”, rät sie den Teilnehmern.
An einer Tafel hält die Gruppe nach dem Vormittag fest, welche Themen für Smalltalk geeignet sind, und welche eher vermieden werden sollten. Während Hobbys, Reisen, Kinder, Musik oder auch Essen gute Themen für die erste Konversation sind, sollten Politik, Religion, Wirtschaft oder auch Krankheiten nicht angesprochen werden. “Hier tun sich schnell Gräben auf, die Chance auf Gemeinsamkeiten ist geringer. Zudem wecken diese Themen oft eine negative Stimmung”, erklärt Malcomess. Sie fügt hinzu, dass dies aber kein Patentrezept ist.
Wichtig sei, sich auf das Gegenüber einzustellen und seine Reaktionen zu beobachten. “Es kann durchaus sein, dass jemand über Reisen nicht sprechen möchte, weil er selbst die letzten Jahre kein Geld hatte, in Urlaub zu fahren”, gibt sie zu bedenken. Auch falle man bei einem Gespräch nicht mit der Tür ins Haus.
Nach anfänglicher Skepsis tauen die Teilnehmer auf. Sie lernen das Eis im Fahrstuhl zu brechen, Kontakte an der Supermarktkasse zu knüpfen oder auf einer Party Gesellschaft zu finden. Erstaunt stellen sie fest, dass Einstiegssätze wie “Na, warten Sie auch auf den Bus?” durchaus ihre Wirkung haben. “Es geht hier ja nicht um schlaue Worte, sondern darum, Gesprächsbereitschaft zu signalisieren”, so Malcomess.
“Wenn Sie flirten, kommen natürlich noch Blicke und Körpersprache hinzu.” Themen durch neue Fragen wechseln und peinliches Schweigen durch eine Handlungsaufforderung wie “Lass uns doch zum Buffet gehen” zu brechen, üben die Teilnehmer in Dialogen und Gruppengesprächen.
Auch das Ende eines Smalltalks will gekonnt sein. Fair und wertschätzend verabschieden lautet die Devise. Jemanden stehen zu lassen oder eine Rückkehr zu versprechen, sei der falsche Weg. “So offen und ehrlich wie möglich”, rät sie.